Studium in Berlin, Oxford und Paris, mit Aufenthalten in Brüssel und Oldenburg - solche Lebenslauf-Einträge sollen Eindruck schinden. Doch von ein paar Auslandsemestern und Zwischenstops lassen sich Personaler kaum noch überzeugen. Von einem doppelten Abschluss an zwei Unis aber schon.
Am Ende seines Studiums steht der Name von Lennart Kocheise, 22, gleich auf zwei Abschluss-Zeugnissen. Eines stellt die Fachhochschule ESB Business School in Reutlingen aus und eines die ICADE Universität in Madrid. Er hat dann acht Semester Internationales Management studiert. Zwei Jahre in Deutschland, zwei in Spanien, während des gesamten Studiums bleibt er an zwei Hochschulen immatrikuliert. Denn er macht einen Bachelor mit Double-Degree, also mit einem doppelten Abschluss.
Immer mehr Hochschulen bieten immer mehr Hochschulen solche Studiengänge an. "Deutschlandweit gibt es inzwischen mehr als 500 solcher Bachelor- und Masterprogramme", sagt Matthias Kuder vom Center for International Cooperation der Freien Universität Berlin und Mitautor einer Studie zu Double-Degree-Studiengängen. "Und die Zahl wird aller Voraussicht nach noch stark zunehmen." Am meisten verbreitet sind die doppelten Abschlüsse in den Wirtschafts-, Ingenieur- und Sozialwissenschaften. Auch wenn die Programme im Detail unterschiedlich gestaltet sind, eines haben sie alle gemeinsam: Ein Auslandsaufenthalt ist im Studium fest integriert.
Der doppelte Abschluss hilft bei der Jobsuche im Ausland
Der doppelte Abschluss lockt viele, die hoffen, sich so bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt schaffen zu können. "Die Double-Degrees werden von den Personalern als etwas Besonderes angesehen, denn die Anforderungen an die Studenten sind meist höher", sagt Kuder. Auch mache ein Auslandsaufenthalt auf Personaler einen größeren Eindruck, wenn der Bewerber seinen Unterlagen das Abschlusszeugnis einer ausländischen Universität beilegen könne statt nur ein paar Scheine. Zudem verliere man durch den Auslandaufenthalt keine Zeit. Denn Probleme mit der Anerkennung von Scheinen gibt es meist nicht. Vor allem könne dieser Abschluss helfen, im Ausland einen Job zu finden.
Zudem haben die Studenten auf jeden Fall mehr erlebt als die Kommilitonen, die nur in Deutschland die Hochschule besucht haben. "Wer den Double-Degree bei uns gemacht hat, hat in zwei Sprachen BWL gelernt und durch die verpflichtenden Praktika zwei Unternehmenskulturen kennengelernt", sagt Christoph Binder, Professor an der ESB Business School in Reutlingen, die bereits seit 1979 Double-Degree-Studiengänge anbietet.
1000 Bewerber auf 145 Plätze
Lennart Kocheise hat sich für den Double-Degree an der ESB in Reutlingen vor allem deshalb entschieden, weil er eine Zeit lang während des Studiums im Ausland leben wollte. Spanien sollte es sein, weil er sich in das Land verliebt hatte, als er nach dem Abitur ein Jahr lang in Sevilla wohnte, um die Sprache zu lernen.
Die größte Schwierigkeit bei dem Studium sei es, in das Programm hineinzukommen, sagt er. Rund 1000 Bewerbungen gibt es jedes Jahr für die rund 145 Plätze in Reutlingen. Rund 500 junge Menschen schaffen es in die zweite Runde zum Aufnahmetest. Entscheidend ist dabei nicht so sehr die Abiturnote: Auch Kandidaten mit einem Durchschnitt von 2,5 haben noch Chancen. "Aber es müssen neugierige und interessierte Leute sein, die sich auch zu Schulzeiten schon irgendwo eingebracht haben", sagt Binder.
Eher ängstliche oder gemütliche Menschen werden sich in dem Studiengang vermutlich weniger gut aufgehoben fühlen. "Das Studium ist hektisch", sagt Kocheise. "Man zieht viel um, lernt ständig neue Leute kennen, kommt immer wieder in neue Situationen rein." Außerdem sei die Zusammenarbeit mit Menschen aus verschiedenen Kulturen nicht immer einfach.
Wer sich für einen Studiengang mit Double-Degree interessiert, sollte sich im Vorfeld genau informieren. Kuder rät, sich genau anzuschauen, wie der Studiengang aufgebaut ist. "Double-Degree ist ein dehnbarer Begriff. Man sollte sich nicht von schönen Namen und Werbeslogans blenden lassen." So sollten angehende Studenten prüfen, ob sie an beiden Hochschulen einen vollwertigen Abschluss erhalten und nicht etwa an einer nur ein Zertifikat.
Er empfiehlt, zu recherchieren, wie die Zeugnisse und der Stundenplan aussehen. "Ich würde versuchen zu klären: Welche Fremdsprachenkenntnisse werden vorausgesetzt? Wie sind die Mobilitätsphasen strukturiert und gibt es dafür Unterstützung?" Besser sei es immer, sich zwei oder drei Unis anzuschauen und sich nicht gleich auf einen Studiengang mit Double-Degree festzulegen.
Ist ein Studiengang in der engeren Auswahl, empfiehlt er, Kontakt zu Ehemaligen aufzunehmen. Besser seien meist jene Programme, in denen nicht nur ein oder zwei Studenten den Double-Degree machen, sondern gleich zehn oder mehr. "Dann ist man kein Einzelkämpfer mehr, sondern Teil einer größeren Truppe, die sich untereinander helfen kann."